19 ehrenamtliche Kirchenführerinnen und Kirchenführer mit Zertifikat ausgezeichnet

Kirchen, Kathedralen und Kapellen prägen die Stadtbilder und Dörfer, doch für Teile der Gesellschaft wirken sie fremd und abenteuerlich: Deckengemälde mit himmlischen Gerichtsszenen; ein nackter Leichnam am Kreuz; seltsame Symbole und bizarre Figuren in altertümlichen Gewändern müssen auf Menschen, die Religion nicht im Unterricht hatten, wie ein Buch mit sieben Siegeln wirken. Ein Begriff übrigens, der ebenfalls aus dem biblischen Kontext kommt. Doch dieses Wissen scheint zu schwinden. Christliche Sozialisation ist nicht mehr selbstverständlich. Mit einem Kurs für ehrenamtliche Kirchenführerinnen und Kirchenführer haben wir es uns gemeinsam mit Bildung evangelisch – Fränkische Schweiz in Kooperation mit dem Gottesdienstinstitut Nürnberg zum Ziel gesetzt, dass oberfränkische Gotteshäuser Touristen und Kunstreisenden ein Stück nähergebracht werden können.

In sieben Modulen über neun Monate hinweg absolvierten 19 Ehrenamtliche aus den Bildungsstandorten Bad Staffelstein, Coburg und Bamberg die Ausbildung. Sie möchten ihre Begeisterung und ihr Wissen gerne weitergeben und so auch Einheimischen wie Touristen die Möglichkeit geben, sich intensiver mit der kulturellen und künstlerischen Vielfalt der Region zu beschäftigen.

Die breit angelegte Ausbildung, die kunstgeschichtliche und historische Aspekte ebenso wie die Themen zur Planung und Durchführung einer Kirchenführung umfasste, waren für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Hauptargument, an dieser landeskirchlich zertifizierten Ausbildung teilzunehmen. Sie werden zukünftig Interessierten „ihre“ Kirche vorstellen und ihre Geschichte näher erläutern.

Für Pfarrer Dieter Stößlein, Bildungsreferent und Mitglied des Ausbildungsteams, war es selbstverständlich, dass auch pädagogische und didaktische Gesichtspunkte Berücksichtigung fanden, so zum Beispiel die Tatsache, dass natürlich eine Gruppe von Fahrradtouristen, die nur 30 Minuten Zeit hat, anders geführt werden muss, als eine Gruppe kulturbeflissener Senioren. Auch der Hinweis, dass eine Kirche kein Museum ist, sondern eben ein sakraler Raum, der Platz bietet, für die eigene Spiritualität, fand in den Modulen ihren Platz und wird sich auch in den Führungen wiederfinden.

Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner konnte nun im Bildungshaus Vierzehnheiligen 19 Ehrenamtlichen aus den Bildungsstandorten Coburg, Bamberg und Bad Staffelstein ihre Zertifikate als anerkannte Kirchenführerinnen und Kirchenführer überreichen. Maßgeblich an der Ausbildung beteiligt war Andrea Felsenstein-Roßberg, Referentin für Kirchenraum und Spiritualität vom Nürnberger Gottesdienstinstitut. In Tages- und Wochenendseminaren wurden die Teilnehmer*innen geschult. Über Stil, Architektur und Kunst galt es sich zu informieren. Es ging aber auch um das theologische Konzept, das jedem Kirchenraum innewohnt. Hier findet Verkündigung auch ohne Gottesdienst statt. Und dabei gilt es, Fragen der Besuchergruppen zu beantworten, Interesse auch bei Gelangweilten zu wecken, störende Fotografierer in Schranken zu weisen – kurzum didaktisch zu brillieren. Neben der Kirchengeschichte vermitteln Kirchenführer*innen auch Wissen über Geschichte und Kultur der jeweiligen Landschaften. In Michelau etwa kann man nach einem Kirchenbesuch das Deutsche Korbmuseum erkunden, in Lichtenfels ganz nebenbei auch etwas über die Stadtgeschichte erfahren. Kundige Führungen gibt es künftig in Altenkunstadt, Egloffstein in der Fränkischen Schweiz, Großheirath, Rödental, in verschiedenen Kirchen in Coburg, Bamberg und in Schlüsselfeld. Dabei stoßen die Besucher immer wieder auf Fragen, die nicht nur Kunstinteressierte stellen. Wo lässt sich der Unterschied zwischen protestantischem Barock und katholischem Barock beobachten? Die neue Generation ehrenamtlicher Kirchenführer*innen entwickelt da neue Sichtweisen und Einsichten. Zumal nicht wenige Kirchenführer*innen eigene Recherchen anstellen und viel mündlich überliefertes Wissen mit einbringen.

Text: Joachim Wegner

Pfarrer Dieter Stößlein hat in einem Video Impressionen der Abschlussveranstaltung gesammelt: